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NEU KLEINASIEN I
von Michael Preis
DER UNTERGANG DES OSMANISCHEN REICHES (1918 – 1923)
Prolog
In der Realgeschichte hat der türkische Nationalismus triumphiert und in Kleinasien seinen Staat errichtet, lediglich die zu „Bergtürken" deklarierten Kurden fallen noch aus der Turkisierung Kleinasiens heraus. Prämisse dieses Szenariums war nicht nur die vernichtende militärische Niederlage von Armeniern und Griechen in Kleinasien, sondern auch ihre buchstäbliche existentielle Vernichtung in jahrtausendealter Heimat durch den türkischen Nationalismus, zunächst der Jungtürken, dann der Kemalisten - symbolisiert im grauenhaften Genozid an den Armeniern und dem infernalischen Untergang Smyrnas: den Gründungsakte der Türkischen Republik. Auch in diesem historischen Fall war die reale Entwicklung aber nicht prädestiniert. Sicher, der türkische Nationalismus und seine echt türkischen Methoden lassen sich nicht aus der Realität verabschieden. Im Gegensatz zu etwas, worauf man bei der vertieften Analyse des türkischen Erfolges stößt, etwas, das nicht historisch determiniert ist: diabolisches Glück. Darunter sind nicht die kriegerischen Siege der Türken gegen Armenier und Griechen zu verstehen, die sich logisch aus ihrer Überlegenheit ergaben, während die Weltkriegssiegermächte nicht willens und nicht fähig waren, den türkischen Nationalismus in die Schranken zu weisen - oder sich längst mit ihm arrangiert hatten. Vielmehr geht es um das Glück der Türken bei der Zerschlagung und Zerstückelung Armeniens durch einen Angriffskrieg. Die Armenier vertrauten darauf, daß die Westmächte die Genozidüberlebenden nicht im Stich lassen würden gegen den türkischen Vernichtungsfeldzug und verteidigten in blinder Verzweiflung – nach 543 Jahren ohne Staat – eine Unabhängigkeit, die nicht zu behaupten war zwischen Türken und Bolschewiki. So stürzten sie ins Verderben, das entscheidend auch auf der völlig absurden Fehlinterpretation der Kemalisten durch die Bolschewiki beruhte, die sie zu Agenten der Weltrevolution erklärten (sic), deren Forderungen mit äußerster Konzessionsbereitschaft zu begegnen war. Dieses Fehlurteil änderte sich - jedoch zu spät, um der Eroberung Armeniens, bis auf ein Restgebiet um Eriwan und Etschmiadsin, Einhalt zu gebieten. Dasselbe Glück verfolgte die Türken auch im Westen – hier nicht in Form von Fehleinschätzungen anderer – sondern bei einem unverschämten Bluff, als sie nach der Niederbrennung Smyrnas in die Internationale Zone einrückten und britischen Einheiten Auge in Auge gegenüberlagen. Der Frieden hing am seidenen Faden, an dem er hängen blieb, nicht zuletzt, weil der britische Oberbefehlshaber das Räumungsultimatum aus London hintertrieb. Ohne substantielle Gegenleistung übergaben die Briten den Türken schließlich, nachdem sie sich genug über sie geärgert hatten, Konstantinopel und Ost - Thrakien, packten ihre Marionette, den letzten Kalifen, ein und rückten ab. Ein insgesamt absurder Prozeß, den man, als alternative Geschichte unter einem Titel wie „Türkisches Kleinasien" präsentiert, für faszinierend, aber a – historisch und unlogisch halten könnte. Zurück zur Ratio der Geschichte ändere ich daher, um die zufällige und glückliche reale Entwicklung zugunsten der Türken zu neutralisieren, dies: ich lasse Eriwan Geheiminformationen zukommen (die nicht vorlagen) und vor Çanakkale einen Schuß fallen (der nicht gefallen ist) und versuche, daraus resultierend, eine alternative und plausible Entwicklung in Kleinasien zu konstruieren, unterteilt in sechs Kapitel des jeweiligen historischen Großrahmens. Der Effekt in den Grundlinien: der Genozid an den Armeniern ist so kontraproduktiv wie der an den Juden, die Armenier verfügen über einen Staat - auf dessen Territorium der Ararat liegt - und kein bloßes Refugium, wodurch auch der Kulturkreis des monophysitischen, orientalischen Christentums, wie andere Kulturkreise, über staatliche Repräsentanz verfügt. Das geostrategische Gewicht Griechenlands ist - zuungunsten der Türkei – höher, ein jahrzehntelanger Zypernkonflikt bleibt aus, das Griechentum in Kleinasien und am Schwarzen Meer existiert fort. Den Türken ist es in summa nicht gelungen, die Rechte – inklusive der Lebensrechte – von Griechen und Armeniern in Kleinasien vollständig aufzureiben. Denn nur weil die Situation ist, wie sie ist, sollte man sich doch nicht einbilden, daß sie nicht auch anders, ganz anders sein könnte.
30.10.18 Waffenstillstand von Mudros (auf Limnos). 13.11.18 Alliierte Streitkräfte besetzen Konstantinopel. Dezember 18 Im Grenzkonflikt Krieg zwischen Armenien und Georgien. Briten erzwingen Demarkation und Waffenstillstand (31.12). Dezember 18 Briten beordern Andranik vor der Besetzung Karabaghs, das sie einem türkischen Feudalherren überlassen, zurück. 1919 Beginn der Angriffe türkischer Milizen auf griechische und armenische Gemeinden in Kleinasien. 1919/20 Kämpfe zwischen Armeniern und Aseritürken um Karabagh, Nachitschewan und Sangesur. 1919/20 Hunger und Kälte im Winter, Cholera und Typhus im Sommer wüten unter der durch Flüchtlingsmassen auf 1,25 Millionen Einwohner angestiegenen Bevölkerung der „Ararat – Republik" - von der ein Sechstel umkommt. 1919 Auf dem Territorium der Republik Armenien 500 000 Genozidflüchtlinge, davon 300 000 aus Westarmenien: 4 von 10 Einwohnern Flüchtlinge. 1919 350 000 von über 600 000 Pontusgriechen sind ermordet worden (seit 1916) 18.1 – 28.6.19 Armenien nimmt an der Pariser Vorortkonferenz teil, wird aber von den Mächten - vor Entscheidung des Bürgerkrieges in Rußland - noch nicht anerkannt März 19 Italiener besetzen Antalya und umgebenden Küstenstreifen (bis Juni 21). Mai 19 Briten erzwingen Abzug der Türken aus Kars und übergeben Nachitschewan an Armenien. 15.5.19 Griechen landen - unter britisch – amerikanischer Protektion - in Smyrna: Besetzung von Stadt und Hinterland. 19.5.19 Kemal Pascha landet in Samsun. 28.5.19 Am Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung proklamiert die armenische Regierung die Wiedervereinigung Ost- und Westarmeniens. 28.5.19 Briten deportieren nach Freilassung Dutzender Genoziduntersuchungshäftlinge 12 nach Limnos und 55 nach Malta: Freipressung durch Geiselnahme britischer Zivilisten und Offiziere. 21. – 23.6.19 Parlamentswahlen in Armenien: HHD 72, Sozialrevolutionäre 4, Tataren 3, Unabhängige Bauernunion 1. Boykott der Wahlen durch Bolschewiki und liberale Ramkavaren. Juli 19 Nationalistenkongreß in Erzurum verwirft kategorisch armenischen Staat in den „sechs Vilayets" (Westarmenien: Van, Bitlis, Diyarbekir, Kharput, Sivas, Erzurum) oder Teilen davon. Genozidflüchtlingen wird die Rückkehr verweigert. August 19 Abzug britischen Militärs aus dem Transkaukasus (ausgenommen Batumi, bis 7.7.20). 5.8.19 Aharonyan wird armenischer Parlamentspräsident – und damit Staatsoberhaupt (wie schon Mai – August 1918). Oktober 19 IX. Daschnak – Kongreß in Eriwan beschließt L´Opération Némésis. 28.1.20 Das osmanisches Parlament in Konstantinopel nimmt den „Nationalpakt" an, der ganz Kleinasien zum türkischen Territorium erklärt: Anspruch auf ganz Westarmenien und die Hälfte Ostarmeniens mit Kars und Ardahan. 10.2.20 Französischer Abzug aus Mara ş wird - nach der Vernichtung Kleinarmeniens im Genozid - zum Fanal für den Untergang Kilikiens. Verbliebene Armenier der Stadt werden durch ein „Weißes Massaker" – Ausgangssperre nach Entwaffnung – ermordet werden: 10 000 Opfer.März 20 Tataren brennen Schuscha in Karabagh nieder. 16.3.20 Britischer Militärstreich in Konstantinopel. Verhängung des Kriegsrechts. 22.4.20 USA erkennen Republik Armenien offiziell an. 25.4.20 San Remo - Konferenz der Alliierten bestätigt, das Armenien Van und Bitlis (Erzurum umstritten) einschließen und mit Trapezunt einen Zugang zum Meer erhalten soll und bittet US – Präsident Wilson Protektorat der USA für Armenien einzurichten oder die armenisch – türkische Grenze festzulegen. 27./28.4.20 Die Rote Armee besetzt Baku. Proklamation einer Sowjetrepublik. Mai 20 Bolschewistischer Putsch in Alexandropol. Ministerpräsident Khatisyan verliert sein Amt an Hamazasp Ohanchanyan, der die Erhebung niederschlagen läßt: Regierungstruppen besetzen Alexandropol (14.5). Unterdrückung der Bolschewiki durch die Daschnaken. Mai 20 Die Rote Armee steht am Nordufer des Sewan – Sees und besetzt Karabagh, das zum „Umstrittenen Gebiet" erklärt wird. Mai 20 Die Regierung in Eriwan beginnt, Informationen zu erhalten: hochbrisante britische Dokumente aus dem Alliierten Kommissariat in Konstantinopel (von unbekannter Hand), aus denen u.a. hervorgeht, daß die Alliierten Armenien keine Hilfe gegen einen türkischen Angriff leisten werden, eine Warnung aber zu unterlassen sei - die könne zu einem Bündnis zwischen Armeniern und Russen führen, das russischen Einfluß auf „Ostanatolien" ausdehne und gegen das – nach dem Genozid - eine Intervention nicht möglich sei. Ein zukünftiges Sowjetarmenien, als Ziel sowjetrussischer Transkaukasuspolitik anzunehmen, werde besser nicht zu groß. Zynisches britisches Kalkül: Territorialkonzessionen an die Armenier, wie von den USA und der öffentlichen Meinung gefordert, könnten gemacht werden, da sie ohnehin Papier blieben. 27.5.20 US – Senat lehnt Protektorat der USA für Armenien ab. Damit wird die Alternative wirksam: Festlegung der armenisch – türkischen Grenze durch US – Kommission unter Präsident Wilson. Juni 20 L´Opération Némésis: Aram Yerganian erledigt in Tiflis den ehemaligen Ministerpräsidenten der Tataren, einen Hauptverantwortlichen für den Pogrom in Baku (September 1918).
22.6.20 Reichsrat in Konstantinopel akzeptiert die Friedenbedingungen der Alliierten - bei einer Gegenstimme.
August/September 20 „Kongreß der Völker des Orients" in Baku: Propagierung der Befreiung der kolonialisierten Völker vom westlichen Imperialismus unter Leitung der Bolschewiki. August/September 20 Das absolute Unabhängigkeitsdogma der Daschnaken erodiert. Die ihrem Regime vorliegenden Geheiminformationen aus Konstantinopel bestätigen sich im forcierten türkischen und russischen Druck, der abstinenten alliierten und hinhaltenden sowjetrussischen Politik. Die Erkenntnis, daß die Republik ihre Unabhängigkeit nicht bewahren kann, setzt sich durch. Es verbleibt das Ziel, die Aufteilung Armeniens zwischen Kemalisten und Bolschewiki zu verhindern, ihr Arrangement und den massenmörderischen Triumph der Türken zu unterlaufen – durch die freiwillige Unterwerfung unter das geringere Übel. 10.8.20 Friedensvertrag von Sèvres. Armenien erhält zum Territorium der „Ararat – Republik" zusätzlich Van und Erzurum und mit Trapezunt einen Zugang zum Schwarzen Meer. Den Armeniern wird damit (fast ganz) Westarmenien zugestanden. Lasistan wird zum Bestandteil Georgiens erklärt. Mit der exakten Fixierung der türkisch – armenischen Grenze ist eine US – amerikanische Kommission unter dem nominellen Vorsitz Präsident Wilsons beauftragt. Griechenland erhält fast ganz Thrakien, alle Ägäis – Inseln und das Smyrna – Gebiet bzw. Ionien (ca. 20 000 Qkm, Bevölkerung: 550 000 Griechen, 299 000 Türken, 92 000 Armenier, Juden u.a.) - wo in 5 Jahren Referendum über die Zugehörigkeit zu Griechenland oder zur Türkei stattzufinden hat. In den proarmenischen Konzessionen wird das Bemühen einer Kompensation für ein schrecklich mißhandeltes Volk offensichtlich. 10.8.20 Vertrag Armeniens mit Sowjetrußland nach Grenzgefechten zwischen sowjetischen und armenischen Truppen: die Rote Armee besetzt nach Karabagh (im Mai) auch die anderen mit den Aseritürken umstrittenen Provinzen Nachitschewan und Sangesur. 24.8.20 Vertrag von Moskau zwischen Bolschewiki und Kemalisten: Beilegung strittiger Fragen, Aufnahme diplomatischer Beziehungen, Abkommen über Handel und Waffenlieferungen. Beschluß, keinen Vertrag anzuerkennen, den der Vertragspartner nicht anerkennt (Sèvres) und den ungehinderten Transport von Gütern und Personen zwischen den Vertragspartnern sicherzustellen (Vasallierung Armeniens). Jedoch noch keine Ratifizierung, weil Moskau und Ankara sich über die Abgrenzung ihrer Interessensphären, die Fixierung der türkisch – armenischen Grenze nicht verständigen können und diese Frage noch offen lassen. Die nationalistische Türkei besteht auf territorialen Maximalforderungen – gegen das sowjetische Rußland, das Gebietskonzession an Armenien in Westarmenien verlangt. 13.9.20 Türken vertreiben armenische Truppen aus dem von diesen im Juni besetzten Autonomiegebiet Oltu am westlichen Rand der Provinz Kars. - Kemal Pascha gibt unterdessen dem seit Monaten darauf drängenden General Kara Bekir Angriff auf Armenien frei. 24.9.20 Auf armenische Gegenoffensive im Oltu – Gebiet Beginn des türkischen Angriffs der nationalistischen Ostarmee (General Kara Bekir) auf Armenien aus der Gegend um Erzurum mit Hauptstoß auf Kars. Die „Ararat – Republik" kann der Invasion, zusätzlich durch die Rote Armee und Bandenunwesen im Inneren gebunden, keinen Einhalt gebieten. Armenien ist durch den Genozid zu sehr geschwächt, ein ausgeblutetes Volk. Nach dem Untergang Kleinarmeniens und Kilikiens perfekter Erfolg des völkermörderischen Vorgehens der Türken? 29.9.20 Armenien bittet Großbritannien über den Chef der britischen Militärmission um Intervention gegen die Türkeninvasion – ohne Reaktion, die geheimen Informationen aus Konstantinopel bestätigend. 29.9.20 Kriegsminister Ter – Minasian reist in Sondermission nach Tiflis, um Militärbündnis zwischen Armenien und Georgien gegen die Türken zu erzielen. Die Georgier lehnen ab, ihr Vertrag mit Sowjetrußland böte ihnen Schutz. Ter – Minasian zum Abschied: als Konsequenz ihrer Entscheidung würden beide ihre Freiheit verlieren, erst Armenien, dann Georgien. Oktober 20 Georgien nutzt die Bedrängnis Armeniens zur Besetzung der neutralisierten Grenzprovinz Lori (Abzug im Januar). 11.10.20 Der sowjetische Sondergesandte Legrand trifft in Eriwan ein. Verlangt von Armenien Verzicht auf Sèvres für Abschluß mit Sowjetrußland: Schlußsignal zur „Autosowjetisierung".
12.10.20 Ministerpräsident Ohanchanyan tritt zurück. Simon Vratsyan (oder Grusyan, *1882), ZK - Vorsitzender der HHD, wird Ministerpräsident (für 1 Woche) und bereitet einen dramatischen Kurswechsel vor: Armenien befinde sich zwischen „Hammer und Amboß", könne seine Unabhängigkeit gegen den türkischen Angriff nicht verteidigen und drohe auf ein Restgebiet um Eriwan und Etschmiadsin verstümmelt zu werden, das dann sowjetisiert werde Daher müsse versucht werden, durch eigenständige Gründung einer Sowjetrepublik das historische Kerngebiet in Westarmenien und die Hälfte Ostarmeniens zu retten und ein Maximum an Autonomie zu wahren. 12.10.20 Der neue Verteidigungsminister, der Nationalheld General Dro, ordnet umgehend den Rückzug auf Kars und die Ararat – Ebene an, ernennt den Festungsbefehlshaber von Kars, General Movses Silikian (*1862 +1937, Opfer Stalins), zum Kommandanten aller Truppen der Region Kars und gibt ihm alle Maßnahmen der militärischen Disziplinierung frei: Wiedereinführung der Todesstrafe im Militärstrafrecht. Direktive: Kars müsse gehalten werden, „sonst ist der Westen für immer verloren." 18.10.20 Waffenstillstand zwischen Polen und Rußland in Kraft. Damit erhebliche Stärkung der russischen Position im Transkaukasus. 19./20.10.20 Die „Armenische Oktoberrevolution" - Ergebnis der Türkeninvasion und des Genozids: alles ist besser als ein Türkenregime und ein türkischer Völkermorderfolg. 19.10.20 Nach Demonstrationen und Krawallen durch Arbeiter und Soldaten in Eriwan tritt die Regierung Aharonyan/Vratsyan zugunsten eines Revolutionskomitees (RevKom) aus 3 Bolschewiki und 3 Daschnaken zurück. Verteidigungsminister General Dro und Terteryan, beide linke Daschnaken, gehören dem RevKom an. Die bolschewistischen Komiteemitglieder: Musayelyan (1882 – 1937), Führer des Maiaufstandes, an dem auf Intervention Vratsyans das Todesurteil nicht vollstreckt wurde, wird aus dem Gefängnis geholt, Ter – Gasparian „Kasian" (1876 – 1937) taucht aus dem Untergrund auf und Anastas Mikoyan (1895 – 1978) wird aus Baku berufen. Das RevKom verkündet umgehend rückwirkende Generalamnestie für politische Delikte. 20.10.20 Die Nationalversammlung erkennt das RevKom in dramatischer Nachtsitzung an und löst sich auf (47 zu 32). Damit Abschluß der I. Republik. Darauf Spaltung der HHD durch Bildung antibolschewistischer rechter HHD/Nationaldaschnaken. 20.10.20 Das RevKom proklamiert die Sowjetrepublik Armenien, richtet einen Appell an die russische Sowjetrepublik um Hilfe im „revolutionären Krieg" zur Befreiung des „international anerkannten" sowjetarmenischen Territoriums von „feudalistisch - neoimperialistischen Banden" und wählt Alexander Mjasnikyan „Martuni" (1886 – 1925) zu seinem Vorsitzenden - den diese Nachricht als Funkspruch in Moskau bei Lenin überrascht. Der moderate Bolschewik Martuni wird damit erster und einziger Regierungschef der (formal) unabhängigen Sowjetrepublik Armenien. Die düpierten Sowjets sind unter Zugzwang gesetzt, können aus Gründen des Prestiges der Revolution den Appell einer anderen und neuen Sowjetrepublik nicht ignorieren, gar ihren Ruin hinnehmen. Zudem kann in Armenien der Präzedenzfall einer erfolgreichen Sowjetrepublik durch die Hilfe Moskaus geschaffen werden - was dessen internationales und revolutionäres Prestige erheblich steigert. - In Armenien historischer Sonderfall einer Republik, die sowjetische Expansion herbeiruft. Im Foreign Office Schockstarre über den Umsturz in Eriwan. Der Grad der Verzweiflung der Armenier sei sträflich unterschätzt worden. 23.10.20 Die 11. Rote Armee unter Ordchonikidse (1886 – 1937) rückt in Armenien ein. Die russische Sowjetregierung fordert das Ankara – Regime in inoffiziellem Funkspruch aus Moskau zum Abzug seiner Verbände auf Waffenstillstandslinie der Grenze von 1914 auf und setzt die Waffen- und Munitionslieferungen zu ihm aus. Moskau verlangt von der Sowjetrepublik Armenien nicht mehr die bedingungslose Verwerfung des imperialistischen Friedens von Sèvres und deutet ihm die Übergabe Sangesurs und Nachitschewans an. Damit wäre mindestens das Gebiet der Ararat – Republik, Ostarmenien, gesichert – zu mehr bedarf es einer günstigen weiteren Entwicklung. 25.10.20 Plötzlicher Tod des jungen Königs Alexander von Griechenland nach Biß eines Äffchens, der, so Churchill memorierend, Hunderttausende das Leben gekostet habe. Ministerpräsident Venizelos tritt nach Wahlniederlage zurück (November). 30.10.20 Die 11. Rote Armee besetzt Eriwan. Die Türken schließen Kars ein. Beginn eines erbitterten Abwehrkampfes, gestützt auf die Zitadelle, bei dem die Armenier erstmals ihre drei französischen Flugzeuge einsetzen. Der Türkengeneral Kara Bekir: er verwandele die armenischen Provinzen in ein „Totenreich". Den Gemetzeln türkischer Invasionstruppen – dicht gefolgt von türkischen und kurdischen Siedlern – sind bereits Zehntausende Armenier zum Opfer gefallen. Tausende armenische Kriegsgefangene werden nach Erzurum getrieben, wo sie alle verhungern oder ermordet werden. November 20 Unterhändler Kemals erklären den Russen ihre Bereitschaft zu Verhandlungen über die Grenze von 1914, schließen darüber hinausgehende, von den Russen geforderte Konzessionen aber kategorisch aus und drohen bei Unterstützung armenischer Ansprüche mit der Entfesselung des Panturanismus bis nach Sibirien. Gleichzeitig eröffnet Kemal durch Unterhändler in Konstantinopel eine riskante Intrige und bietet den Westmächten ein Kriegsbündnis gegen Sowjetrußland an - bei Anerkennung uneingeschränkter und ungeteilter nationalistischer Souveränität in Kleinasien und Konstantinopel (eventuell Bestätigung des Ionien – Referendums, aber unter türkischer Besatzung). Lloyd George, der sich nicht zuletzt auch den Griechen verpflichtet fühlt, lehnt kategorisch ab. Großbritannien und Frankreich brechen zwar die diplomatischen Beziehungen zum armenischen „Oktoberregime" ab, intervenieren aber - vom Genozid entsetzt und unter öffentlichem Druck - nicht gegen Armenien zugunsten der Türken. Lloyd George, der Kemal Pascha haßt, läßt die türkische Intrige an Moskau verraten, um Bolschewiki und Kemalisten zu spalten: ein Geschenk des Himmels für die Armenier. Das alte türkische Spiel, Ost und West gegeneinander auszuspielen, scheitert einmalig in einmaliger historischer Situation. - Im britischen Kalkül auch, daß Sowjetarmenien zwar russischen Druck auf Mossul erhöht, die strategische Schlüsselposition aber (weitgehend) gegen unmittelbareren türkischen Druck sichert. Die drohende geostrategische Expansion Rußlands bis an den Antitaurus wird zudem durch den Ausbau der britischen Machtposition im Nahen und Mittleren Osten ausbalanciert. November 20 Die völlig absurde Interpretation der Kemalisten durch die Bolschewiki erodiert. Moskau erfährt von der Intrige Kemals mit der Entente in Konstantinopel und kommt außerdem – aufgrund türkischer Drohungen und des Aufstandes im Transkaukasus, von der armenischen Sowjetführung darin bestärkt – zu dem Schluß, daß nur ein „Vereinigtes Armenien" einen wirksamen Sperriegel gegen den forcierten Panturanismus bildet und Voraussetzung der Stabilisierung der Position des Kreml in ganz Zentralasien ist. Es bietet sich damit außerdem die historische Chance – die Türken sind nicht mit den Westmächten verbündet sondern stehen sogar unter deren Druck – zum Griff bis an die Schwelle Mesopotamiens, wohin die Zaren nie gelangt sind. Den von den Bolschewiki im Grunde verachteten Türken läßt sich eine empfindliche Niederlage beibringen, die günstig zu prognostizieren ist: die Gefahr durch Pilsudski - Polen ist gebannt und die Krim wird eingenommen, während die westlichen Imperialisten ohnehin kriegs- und interventionsmüde sind und die Türken einlenken müssen, weil sie andernfalls von den Griechen niedergeworfen werden. Gerade auf Betreiben des Nationalitätenkommissars Stalin werden aus progressiven antiimperialistischen türkischen Nationalisten - als Führer nationaler Befreiungsbewegungen und der Umma entscheidende Agenten der Weltrevolution - im Schnelldurchlauf reaktionäre Neoimperialisten, die von anderen muslimischen Völkern gehaßt werden. November 20 Die armenische Diaspora, insbesondere das ACIA und ihre Sympathisanten in den USA, wirken erfolgreich auf die Beibehaltung des Mandats der US – amerikanischen Kommission zur Fixierung der armenisch – türkischen Grenze und damit auf die Bestätigung der territorialen Konzessionen aus Sèvres hin. Ein Kommissionsmitglied intern: „The Turks must be punished for their atrocities". 12.11.20 Kampf um Kars. Rote Armee und armenische Truppen brechen in koordiniertem Angriff mit der Garnison die Belagerung von Kars auf. Einsatz des Panzerzugs „Azatamart" (Freiheitskämpfer). Abzug der Türken unter Kara Bekir. Die Kämpfe zwischen armenischer Volksarmee und nationalistischen türkischen Verbänden an der Ararat – Ebene frieren im hereinbrechenden Winter ein. - Kemal Pascha hat nicht versucht, den Zusammenstoß zu verhindern: bei Abwehrsieg Stärkung türkischer Position, bei Niederlage Stärkung der persönlichen Position. 15.11.20 Sewastopol fällt, die Krim ist in der Hand der Roten Armee. Damit Stärkung der sowjetrussischen Position gegenüber den nationalistischen Türken. 19.11.20 Baku: Nach Unruhen und Streiks gegen die proarmenische Parteinahme des Kreml Aufstand, der durch die Meuterei von Aseri – Einheiten die Sowjetmacht niederwirft. Enver Pascha, von erfolglosen Verhandlungen mit Lenin aus Moskau zurück, einige Wochen zuvor noch Delegierter des Völkerkongresses - der den Russen seine Vermittlung versprochen hat - setzt die Proklamation der „Türkischen Republik Tataristan" durch. – In Gandscha kann sich die Sowjetmacht allerdings strategisch entscheidend mit Hilfe der Armenier gegen aufständische und meuternde Aseris behaupten. Beginn der Verlegung von Einheiten der 11. Roten Armee nach Karabagh und an die Kura. Der Kreml droht den Aseris in Karabagh mit der Übergabe des Landes an die Armenier. 20.11.20 Fixierung der türkisch – armenischen Grenze durch US – Kommission. 22.11.20 Die US – amerikanische Kommission gibt exakten Verlauf der türkisch – armenischen Grenze, die sog. „Wilson – Linie", bekannt. Signal für die Russen zur freien Hand - für den schockierten Kemal Pascha zum Einlenken. Gräßliche Ironie der Geschichte: der Genozid war nicht nur ein monströses Verbrechen sondern auch ein schwerer Fehler der Türkenbarbaren und ermöglicht die Befreiung der historischen Kerngebiete Armeniens vom jahrhundertelangen Joch der Türken und kurdischer Banden. - Kemal Pascha gesteht intern den schweren taktischen Fehler der „Episode", der die „ostanatolischen" Provinzen gekostet habe. 22.11.20 Die russische Sowjetregierung erklärt nach dem Zerwürfnis mit dem Ankara – Regime und mit Bekanntgabe der „Wilson – Linie" offiziell ihre Unterstützung der „territorialen Integrität der Sowjetrepublik Armenien": Freudenfeste inmitten von Not und Elend in Kars und Eriwan. Die antiimperialistischen Allianz zwischen Bolschewiki und Kemalisten ist gesprengt: Geheiminformationen aus Konstantinopel, Armenischer Oktober, Bedrohung durch Panturanismus, Kemals Intrige – und ihr Verrat, Armenierdiaspora in USA („Wilson – Linie"), historische Gelegenheit. Dezember 20 Das RevKom dekretiert das Verbot konterrevolutionärer Organisationen und Presse. Dezember 20 Türkische Gegenoffensive vor Kars – nach Abzug der meisten Einheiten der 11. Roten Armee – wird in erbittertem Widerstand der Armenier unter hohen türkischen Verlusten abgewehrt. Die Kämpfe müssen im hereinbrechenden Winter eingestellt werden. Paralleler Vorstoß der aufständischen Aseritürken aus Baku an die Kura wird von zurückverlegten Einheiten der 11. Roten Armee abgewehrt. Enver Pascha erklärt Baku zur „Hauptstadt von Turan", kann sein Regime, das alle Nichttürken terrorisiert, jedoch nicht über die Baku – Region ausdehnen und den Anschluß zentralasiatischer Turkvölker nicht gewinnen. Dezember 20 Kemal Pascha beordert den Oberbefehlshaber der nationalistischen Ostarmee Kara Bekir mit seinen höchsten Offizieren in sein Hauptquartier - wo die „Kara Bekir – Verschwörung" aufgedeckt wird. Dem Armenierschlächter wird die Aufstellung einer Privatarmee und die Schuld am gescheiterten Feldzug gegen Armenien zur Last gelegt. Er wird zusammen mit seinen Offizieren hingerichtet. Kemal Pascha läßt Zeugen und Akten seiner Mitverantwortung systematisch beseitigen. Dezember 20 Türken eröffnen in Anatolien systematische terroristische Fahndungskampagne nach Kryptoarmeniern, die insbesondere in den letzten Jahren zum Islam Abgefallene mit gräßlichen Folter- und Mordszenen trifft. 19.12.20 Triumphaler Einzug König Konstantins in Athen nach Rückruf durch Plebiszit. „Konstantin, Konstantinopel, mit dir, oh Konstantin, ziehen wir in die Hagia Sophia ein!" Thronwechsel steigert das nationalistische Fieber. 1921/22 Dem Sowjetregime in Armenien gelingt es - unterstützt von der Roten Armee – Tatarenbanden, die Zulauf erhalten und ihre Aktivitäten intensiviert haben, sowie unabhängige Milizen aufzureiben und damit die uneingeschränkte Kontrolle über das gesamte Staatsterritorium zu gewinnen. 1921/22 Die letzten Armenier Anatoliens fliehen vor mörderischen Angriffen von Türken und Kurden aus der unzugänglichen Grenzregion Dersim nach Westarmenien oder werden – zurückgekehrte Deportierte und Genozidflüchtlinge - nach Syrien zurückgetrieben. 1921 Armenier in Westarmenien und Griechen in Pontus beginnen - Reaktion auf den Genozid an ihnen - mit der totalen und systematischen Zerstörung aller architektonischen und schriftlichen Zeugnisse der Zeit der Türkenherrschaft. 1921 Die Pontusgriechen eröffnen in Reaktion auf den Genozid an ihnen eine Entturkisierungskampagne zur systematischen und umfassenden Reinigung ihrer Form des Griechischen und ihrer Kultur von den in Jahrhunderten eingeflossenen türkischen Elementen, ergänzt durch die Zerstörung der architektonischen und schriftlichen Zeugnisse der Türkenherrschaft. Parallele Betonung des Hellenismus durch teilweise Antikisierung örtlicher, geographischer und topographischer Bezeichnungen - zum Beispiel Rückbenennung der bedeutendsten Landstadt Pontus´ in „Arguropolis" - sowie archäologische Unternehmungen und Freilegungen in Pontus. 1921 Armenien ist (wie das Judentum) in schrecklicher Weise Opfer der Moderne und ihr Profiteur zugleich: durch den Untergang der religiös legitimierten Autokratien des Sultans und des Zaren und die siegreichen Prinzipien - Prinzipien einer zukünftigen bipolaren globalen Ordnung - seiner nationalen Erlösergestalten Wilson und Lenin. Spruch in Armenien: „Wer sind die Retter Armeniens? – Wilson und Lenin." Januar 21 In Pontus offenes türkisches Terrorregime. Vertreibung der Griechen aus Trapezunt und anschließend allen anderen Küstenorten, systematische Einziehung von Wehrfähigen und Eliten in die berüchtigten Arbeitsbataillone, mörderische Angriffe auf die unbewaffnete griechische Bevölkerung. Zehntausende fallen dem türkischen Terror zum Opfer. – Flucht von Pontusgriechen ins Gebirge und nach Lasistan, wo sie ausgeraubt, mißhandelt und nach Georgien getrieben werden. 1.1.21 Vertrag von Jalta (auf der Krim, im Livadia - Palast) 40 Tage nach der Fixierung der „Wilson border". Trilaterales Abkommen Rußland – Armenien – Türkei: offiziell zur abschließenden Ergänzung der Bestimmungen des Vertrags von Moskau (24.8.20), dem Armenien beitritt. Außerdem auf „Vermittlung" Sowjetrußlands gegenseitige Anerkennung der „international fixierten und anerkannten" armenisch – türkischen Grenze in Übereinstimmung mit der „Wilson – Linie" (ohne Bezugnahme) zwischen dem sowjetischen Armenien und der kemalistischen Türkei. – Diese soll in der Räson des Kreml als Puffer gegen den westlichen Imperialismus erhalten bleiben. Die Türken sind – wie die Deutschen 1918 in Brest Litowsk – die besseren Imperialisten, der Entente vorzuziehen. Die Türkei richtet keine diplomatischen Vertretungen in der Sowjetrepublik Armenien ein (auch nicht als Teil der Sowjetunion). Kemal Pascha muß sich zähneknirschend mit den Bolschewiki arrangieren: „Lieber würde ich mich erdrosseln lassen, aber wir müssen uns mit den Russen vergleichen, um die Griechen schlagen zu können." Kurdenhäuptlingen versichert er, daß es sich um einen „katzenfreundlichen" Waffenstillstand handele, um zunächst die Griechen im Westen zu schlagen. – Der sowjetrussische Volkskommissar für Auswärtiges, Tschitscherin: „Die Türken wollten alle ihre armenischen Provinzen behalten, deshalb haben sie jetzt keine mehr." Das Rußland der roten Zaren erleidet Verluste, wo die Westmächte intervenieren: an der westlichen Peripherie. Andernorts bleibt es beim status quo ante und im Transkaukasus kann die Grenze (wie die Front im Weltkrieg) sogar vorgeschoben werden. Nicht nur Großbritannien (Mesopotamien und Palästina) und Frankreich (Syrien und Libanon) stoßen im Orient infolge des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches vor, sondern auch das neue sowjetische Rußland: nach Westarmenien. Die Türken verlieren nicht nur Arabien sondern auch Armenien – keine asiatische Grenze des Sultanreiches und keine europäische Grenze des Zarenreiches bleibt bestehen. 4.1.21 Sultan Mehmet VI. weist den Botschafter Armeniens aus Konstantinopel aus. Ende mehrmonatiger offizieller türkisch – armenischer Beziehungen. 20.1.21 Budjonnys Verbände, von der Krim nach Ciskaukasien verlegt, nehmen in brillantem Vorstoß aus dem Norden Baku ein – bei paralleler Bindung aufständischer Aseris durch die 11. Rote Armee vor Baku. Eilige Abreise Enver Paschas, dem es gelingt, über das Kaspische Meer nach Turkmenistan zu entkommen. Rotarmisten und Tschekisten beginnen blutiges Aufräumen unter türkischen Nationalisten, von deren Niederwerfung der Kreml armenische Verbände ausgeschlossen hat. 21.2.21 Das Kaukasische Büro der KP der RSFSR in Moskau verfügt die Abtrennung Nachitschewans und Sangesurs – entgegen Signalen im Oktober - als fusioniertes Autonomiegebiet und Karabaghs als Autonomiegebiet unter die Oberhoheit der Tataren (und die leichte Korrektur der armenisch – aseritürkischen Grenze zu seinen Gunsten). - Entscheidungen zugunsten der Tataren, um deren Wut, die Wut der Turkmuslime allgemein, zu dämpfen. 21.2.21 Aus Armenien rückt die Rote Armee in Georgien ein und nimmt schon am 25. Tiflis – auch um die potentielle Gefahr eines alliierten Brückenkopfes im Transkaukasus aufzuheben. März 21 Frankreich und Italien – die „Lateiner" - vergleichen sich mit der nationalistischen Türkei, resultierend in Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und der Türkei (im Oktober). März 21 Konferenz in Kairo: Unter Federführung Kolonialminister Churchills und T.E. Lawrence Einrichtung haschemitischer Klientelstaaten - Iraq und Transjordanien – die zu unteilbaren Einheiten erklärt werden. Zusage einer assyrischen Heimstatt im „Assyrian Triangle" der Provinz Mossul damit zurückgezogen. Auch in Reaktion auf den „Armenischen Oktober" und dem daraus abzusehenden sowjetrussischen Vorstoß an die Schwelle Mesopotamiens: eine assyrische Autonomie könnte Basis sowjetischer Einflußnahme werden und die britische Position im Orient entscheidend destabilisieren. - Darauf Gründung einer KP im Iraq (1922), die von Aramäern dominiert und instrumentalisiert wird, unter ihnen große Anhängerschaft gewinnt und sich - Modell Armenien – an Moskau orientiert. 4.3.21 Die USA brechen unter dem neuen republikanischen Präsidenten Harding die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetrepublik Armenien umgehend ab. Für 71 Jahre keine armenische Botschaft in Washington. 15.3.21 L´Opération Némésis: Soghomon Thelirian (*1897 in Westarmenien +1960 in San Francisco) erledigt in Berlin Talaat Pascha, wird festgenommen – und freigesprochen (3.6). 18.3.21 Georgien: Nach Waffenstillstand und Ende des offenen Widerstandes gegen die Rote Armee Exil der republikanischen Regierung. April/Mai 21 Beendigung des „Siebenjährigen Transkaukasischen Krieges": Einnahme Westarmeniens durch die Rote Armee und die armenische Volksarmee. April 21 Die Rote Armee besetzt Lasistan, das antike Kolchis (November 20 von Türken besetzt). Damit Kappung der jahrhundertelangen assimilatorischen Beziehung der Lasen zum Türkentum. Das Gros der Lasen kann in der entstehenden Lasenrepublik seine kaukasische nichttürkische Identität bewahren. 18.4.21 Das Kaukasische Büro der KP der RSFSR in Moskau proklamiert die mit Georgien assoziierte Lasische Sozialistische Sowjetrepublik mit der Hauptstadt Pazar und fixiert die Grenze zwischen Armenien und Georgien: die armenisch besiedelte Provinz Javakhk verbleibt bei Georgien, doch werden Armenien die ebenfalls umstrittenen Provinzen Lori und Ardahan zugesprochen (wo es nennenswerte armenische, nicht georgische Siedlung gibt) – auch um seine freiwillige Sowjetisierung zu belohnen. 18.4.21 Landung der Roten Armee bei Trapezunt befreit Pontus vom nationalistischen terroristischen Regime türkischer Banden. 25.4.21 Eröffnung des Feldzuges zur Befreiung Westarmeniens durch die armenische Volksarmee unter dem Kommando des Verteidigungsministers General Dro (1883 – 1956) - der als Befreier Westarmeniens seinen Ruhm als Nationalheld noch mehren kann - und die verstärkte, aus Georgien zurückverlegte 11. Roten Armee unter dem Kommando des legendären Reitergenerals Budjonny (1883 – 1973). Vertreibung der Türken aus ihren Stellungen vor Kars durch Armenier und Russen, die ihre Linien durchbrechen und die türkische Front gleich im ersten konzentrierten Angriff sprengen. Verfolgung der verbliebenen Türkenverbände einer gespaltenen nationalistischen Ostarmee, die, wenn sie nicht entkommen, aufgerieben werden. 1 Millionen Kurden und Türken schließen sich ihrer Flucht in den nationalistischen Machtbereich vor systematischen Vergeltungsaktionen armenischer Truppen an. Das revolutionäre Szenarium aus äußerem Anlaß nach dem Modell Ungarn/Bèla Kun ist in Armenien erfolgreich, weil Moskau dort – anders als in Budapest – intervenieren kann. 25.4.21 Tagesbefehl General Dro´s: Die Türken und die Kurden befänden sich im Irrtum, wenn sie glaubten, daß auch nur einer von ihnen nach dem, was geschehen sei, in Armenien bleiben könne. 6.5.21 Nach dem Freitagsgebet Angriffe türkischen Mobs auf armenische Viertel in Konstantinopel, die von britischen und französischen Einheiten mit Waffengewalt rigoros unterbunden werden. Das Faszinosum des verhinderten Armenierpogroms am 6. Mai – oder: einmal wird dem mörderischen Türkengesindel energisch in das Gemetzel gefahren. 15.5.21 Einnahme von Erzurum durch russisch – armenischen Verband. 24.5.21 Armenischer Verband nimmt Van ein und legt die verlassenen türkischen und kurdischen Viertel in Schutt und Asche. 1.6.21 Russisch – armenische Streitkräfte schließen nach der Einnahme Erzindschans mit dem Vorstoß an die Türkengrenze die Befreiung Westarmeniens, 407 Jahre nach seiner Eroberung durch Sultan Selim II., ab. 1.6.21 Nach der Befreiung Pontus´ vom Regime mörderischer türkischer Banden und dem Eintreffen armenischer Truppen in Trapezunt brennen diese gemeinsam mit zurückgekehrten Griechen das Türkenviertel der Stadt nieder, dessen Bewohner in Panik geflohen sind. Pontische Milizen und armenische Truppen vertreiben alle Muslime aus Pontus – neben Türken auch die mit ihnen kollaborierenden Lasen. In Pontus am Schwarzen Meer, einer Autonomierepublik etwa so groß wie der Libanon, existiert das Schwarzmeergriechentum fort - konzentriert in Trapezunt, der „Stadt der Griechen" (aus Milet, 756 v. Chr.) mit nichtgriechischem Hinterland wie Alexandria in der Antike, die nach 460 Jahren befreit wird. Dort, wo sich der letzte vorneuzeitliche griechische Staat, das letzte griechische Kaisertum befand, existiert die größte griechische Diasporagemeinde: Rückkehr Zehntausender Flüchtlinge aus Georgien und von der Krim und Flucht verbliebener Griechen aus der Gegend um Samsun vor dem Regime der Türken - die damit in Pontus den historischen Sonderfall der Massenflucht auf Sowjetterritorium erzielen. 1.6.21 Das RevKom beschließt Autonomiestatut für Pontus innerhalb der Sowjetrepublik Armenien. Zwischen Armeniern und Pontusgriechen Stahlband des Antigenozids. 21.6.21 König Konstantin trifft in Smyrna ein und übernimmt den Oberbefehl über die Armee in Kleinasien. An Armenien richtet er die Forderung eines Referendums in Pontus. Juli 21 Parallel zur Rückkehr der 200 000 überlebenden Westarmenier des Genozids (100 000 westarmenische Flüchtlinge sind Hunger und Seuchen zum Opfer gefallen) beschließt das RevKom Umsiedlungsprogramm aus Ost- nach Westarmenien: auch um der Gefahr der Slawensiedlung in dem verwüsteten, von Kurden und Türken leergemordeten Land zuvorzukommen. Die Neusiedlung im Westen erfolgt unter strategischen, infrastrukturellen und demographischen Direktiven. 28.7.21 L´Opération Némésis: Missak Torlokian erledigt in Konstantinopel den ehemaligen Innenminister der Tataren, hauptverantwortlich für den Pogrom in Baku im September 18. August/September 21 Bei der Offensive der Griechen auf Ankara Schlacht am Sakarya ohne Entscheidung. 20.10.21 Am Jahrestag der Proklamation der Sowjetrepublik Wahl des Republiksowjets in Armenien: Bolschewiki unterliegen Daschnaken und rangieren lediglich vor Nationaldaschnaken und Hundschak. Dezember 21 Der kilikische Katholikos Sahak II. (*1849, 1902 – 1939) verläßt Adana und damit Kilikien endgültig. 5.12.21 L´Opération Némésis: Archavir Chirargian erledigt in Rom den Großwesir Said Halim Pascha. Winter 1921/22 König Konstantin, zurück in Athen, verkriecht sich in seinem Palast. Schwere Krise der notleidenden und überstrapazierten Armee in Kleinasien. Antikriegsproteste in Griechenland. 1922 Genozidbilanz: ein Drittel der armenischen Nation – die die Hälfte ihrer historischen Heimat verloren hat – ist ermordet worden. 1922 Kurdische Nomaden in Westarmenien, die erneut das traditionelle Winterquartier (kischlak) erzwingen wollen, werden von Siedlermilizen und Regierungsverbänden gehetzt und niedergemetzelt. 12.3.22 Armenien ist - mit Georgien und Transkaukasisch Tataristan - Mitglied der Transkaukasischen Sozialistischen Föderalen Sowjetrepublik. Beitritt unter massivem Druck des Kreml, der mit Aufrollung der Grenzziehung zur Türkei und zu Georgien droht. 17.4.22 L´Opération Némésis: Archavir Chirargian und Aram Yerganian erledigen in Berlin den Türkengouverneur Trapezunts während des Genozids und einen anderen Türkenverbrecher. 26.4.22 Bolschewistischer Putsch in Eriwan gegen „reaktionäre Verschwörung" zur Bildung eines RevKom ohne Bolschewiki. Dagegen Widerstand durch Teil der Garnison und Daschnak – Aktivisten, deren Führung der aus dem Gefängnis befreite Kommandant Garegin Ter – Harutjunyan („Ndschdeh" *1886 in Nachitschewan - November 20 inhaftiert - +1957 in Los Angeles) übernimmt. Das bolschewistische RevKom setzt sich erst nach dem Eingreifen der Roten Armee in dreitägigen Kämpfen durch. Anschließend Auflösung des „antiproletarischen" Sowjetkongresses, Verbot der „reaktionären" HHD und Verfolgungswelle gegen Daschnaken unter der Ägide des Volkskommissars Nurijanyan (1896 – 1937): Bolschewiki begleichen offene zweijährige Rechnungen. General Dro, ex - Ministerpräsident Vratsyan, ex – Parlamentspräsident Aharonyan, Ndschdeh u.a. entkommen (mit Duldung der Sowjets?) nach Persien. Schärferes Vorgehen gegen die vielen Sabotageakte an Munitions- und Waffentransporten in die Türkei. 25.6.22 L´Opération Némésis: Stepan Dzaghigian, Petros Ter – Porossyan und Artasches Geworgyan erledigen in Tiflis den osmanischen Marineminister Cemal Pascha. 4.8.22 Der Türkenhitler Enver Pascha wird im Gefecht gegen armenische Brigade aus Karabagh unter dem Rotgardisten Hakob Melkumjan (1885 – 1962) in Zentralasien erledigt. Die rächende Bestrafung des jungtürkischen Triumvirats Enver – Cemal – Talaat ist damit vollstreckt. 30.8.22 Vier Tage nach Beginn türkischer Großoffensive Zusammenbruch der griechischen Kleinasienfront. Türkische Kavallerie wütet im Hinterland. 9.9.22 Türken fallen in Smyrna („Giaur Izmir") ein. Beginn von Plünderungen und Metzeleien an der griechischen und armenischen Bevölkerung: über 50 000 Opfer. Der Metropolit Chrysostomos wird vom Türkenmob bestialisch ermordet. 13.9.22 Brand von Smyrna – der fünf Tage anhält und in dem binnen 24 h 50 000 Häuser und 24 Kirchen vernichtet werden, einschließlich des Armenierviertels. Die Stellvertreterfeldzüge Großbritanniens – durch die Weißen gegen die Bolschewiki in Rußland, durch die Griechen gegen die Kemalisten in Kleinasien – sind damit beide vernichtend geschlagen worden. 23.9.22 Triumphalismus und Taktik: nationalistische türkische Verbände rücken in die Internationale Zone ein und liegen den Briten unweit der Ruinen von Troja bei Çanakkale an den Dardanellen gegenüber. Empörung in Großbritannien – die Zustellung des Räumungsultimatums des britischen Kabinetts an die Türken wird aber von General Harington hintertrieben. 27.9.22 König Konstantin dankt auf Druck der Armee - die auf Chios ein „Revolutionskomitee" gebildet hat - zugunsten seines Sohnes Georg II. ab und begibt sich ins Exil nach Sizilien. 28.9.22 Revolutionstruppen ziehen in Athen ein und fordern die Bestrafung der Schuldigen an der „Kleinasiatischen Katastrophe". Die Militärjunta auf Chios erklärt sich zur Regierung. - Venizelos lehnt ihre Leitung ab, übernimmt aber die äußere Vertretung Griechenlands. 28.9.22 Zusammenstoß zwischen Briten und Türken vor Çanakkale - Ursache und Urheber sind umstritten. Ein ´Zweites Navarino´ für die Griechen nach 95 Jahren. Der seidene Faden des Nichtkrieges zwischen Briten und Türken reißt doch noch. Das riskante Manöver Kemal Paschas, mit dem das Einlenken Großbritanniens provoziert werden sollte – Konstantinopel zu gewinnen ohne substantielle Gegenleistung - ist doch noch gescheitert. 29.9.22 Die Briten müssen sich aus Çanakkale, das von kemalistischen Verbänden eingenommen wird, auf Schlachtschiffe zurückziehen. 30.9.22 Großbritannien erklärt der Türkei den Krieg und verhängt eine Seeblockade über Kleinasien. Damit faktische Intervention der Briten in den Krieg zwischen Griechen und Türken. Die englischen Massenblätter überschlagen sich vor Empörung - „Revenge for Chanak!" – und beschäftigen sich ausführlich mit dem Wüten der Türken in Smyrna. Agitation mit Vendettazügen gegen den „Schlächter" Kemal mit dem es – wie 7 Jahre zuvor – zum bewaffneten Zusammenstoß an den Dardanellen kommt. Scharfmacher der Kriegspartei ist Kolonialminister Churchill. Oktober/November 22 Die französische Diplomatie entfaltet eine intensive Aktivität, um große direkte Kampfhandlungen zwischen Türken und Briten - wegen der Gefahr eines resultierenden offenen Bruchs zwischen Großbritannien und Frankreich - zu verhindern. Die direkte Parteinahme der Briten gegen die französische Kontinentalpolitik, die nicht aufgewogen würde durch die Konzentration britischen Engagements im Orient, muß vermieden werden. Oktober 22 Kemal Pascha verzichtet auf das Vorrücken auf Konstantinopel und erteilt seinen Agenten in der Stadt strikte Weisung „Zwischenfälle" – oder gar einen Aufstand – mit allen Mitteln zu verhindern, um nicht unter eventuell fatalen Zugzwang zu geraten. 1.10.22 Die Briten beginnen unter Oberst Colin Ballard, dem Polizeichef von Konstantinopel, mit der Aufstellung von Verbänden aus Wrangels weißer Armee in der Stärke von etwa 40 000 Mann. Die Royal Navy konzentriert Artillerie am Bosporus und nimmt den Transport der geschlagenen griechischen Kleinasienarmee nach Thrakien auf: damit de facto britisch – griechisches Kriegsbündnis gegen die drohende Vertreibung aus Konstantinopel. Frankreich und Italien verlassen das Alliierte Kommissariat. 2.10.22 Kolonialministerin Churchill wird wieder Kriegsminister (wie 1919 – 21) und Admiral „Die Türken sind die Bösen" Calthorpe (1864 – 1937), aus Portsmouth zurückberufen, wird wieder Alliierter Hochkommissar – sine collega (der Diplomat Rumbold nur noch geschäftsführend im Amt). Signale der Entschlossenheit an die türkischen Nationalisten. Auf Churchills Angebot nimmt T.E. Lawrence Posten im Kriegsministerium an. Er schreibt in der Sunday Times: „Die Franzosen haben sich nach dem ersten Zusammenstoß mit den Türken (in Kilikien) zurückgezogen. Wir haben ihnen den Krieg erklärt." 3.10.22 Australien und Neuseeland proklamieren aufgrund der britischen Kriegserklärung den Kriegszustand mit der Türkei und rufen Freiwillige zur Aufstellung einer Expeditionsstreitmacht auf. 6.10.22 Großbritannien kündigt den Vertrag von Sèvres. Die Leibgarde des Sultans wird von den Briten parallel entwaffnet und interniert. Offizielle Verwarnung der türkischen Bewohner Konstantinopels und Kemal Paschas – auch unter Hinweis auf das geltende Kriegsrecht vom 16.3.20 - durch die britische Regierung. 7.10.22 Griechische Truppen unter General Theodoros Pangalos besetzen mit britischer Lizenz das europäische Ufer der Dardanellen und des Marmarameeres - mithin ganz Thrakien - und rücken bis auf 3 Meilen unter die Wälle Konstantinopels vor. Die Briten nehmen das Risiko eines Aufstands in Konstantinopel in Kauf – ohne effektive Alternative gegen einen Handstreich Kemals, dem sie nicht trauen. 8.10.22 Sultan Mehmet VI. erklärt Großbritannien und Griechenland den Krieg, wird in einem modernen Kafes interniert und von den Briten darüber in Kenntnis gesetzt, bei schlechtem Benehmen an die Nationalisten ausgeliefert zu werden. Angst der Briten vor „Heiligem Krieg" in Arabien und Indien erweist sich als unbegründet: das Kalifat hat längst zu viel Prestige eingebüßt. 13.10.22 „Hippodrom – Massaker": Nach dem Freitagsgebet in der Hagia Sophia aufrührerische Versammlung mehrerer Tausend fanatischer Muslime am Hippodrom, unweit des Topkapi – Palastes. Zerstreuung durch britische Gardesoldaten, die in sie hineinfeuern. Admiral Calthorpe: „It was a test by the Turks." 14./15.10.22 Nach der Ermordung von sieben britischen Offizieren in einem Hinterhalt am Vorabend lassen die Briten ihre Russen von der Leine. Die brennen das Viertel des Tatortes nieder, töten Hunderte Türken und vertreiben Tausende Türken aus der Stadt. Derart kann die britische Kontrolle in Konstantinopel ohne weitere „Zwischenfälle" aufrechterhalten werden. November 22 Erstmals Thematisierung des britisch – weißrussischen Militärregimes in Konstantinopel als Beispiel für den häßlichen britischen Imperialismus: in der Propaganda der Sowjets – gefolgt von Nazis, Faschisten und Zionisten und der Zitierung durch Gandhi, Peron und Nasser. 9.11.22 Waffenstillstand von Imrali (im Marmarameer) nach 40tägigem Krieg – auf französischen Einfluß hin. Britische Truppen besetzen die gesamte Internationale Zone: Abzug der Türken und unwilliger Abzug der Griechen vor Konstantinopel. Seeblockade Kleinasiens vom Waffenstillstand unberührt. Vereinbarung eines Friedenskongresses in Venedig. Die Briten wollen keinen Krieg in Anatolien führen und Kemal Pascha will Konstantinopel nicht angreifen, das er gegen das Britische Weltreich entweder nicht nehmen oder nicht halten kann. 12.11.22 Besetzung Çanakkales durch britisches Garderegiment. Filmbericht für britische Kinowochenschau. Kriegsminister Churchill: „Dieser anatolische Räuberhauptmann wollte uns hinausbluffen. Ist ihm nicht gelungen." Kemal Pascha läßt einige Mitwisser seines gescheiterten „Çanakkale – Bluffs" beseitigen. Der Vorstoß wird von der kemalistischen Propaganda als erfolgreicher Präventivzug gegen einen britischen Feldzug in Anatolien dargestellt. Der parallele Abzug der Griechen vor Konstantinopel wird von den Türken zu ihrem Waffenstillstandserfolg erklärt. 19.11.22 Rücktritt Lloyd Georges nach Abstimmung im Carlton Club. Bonar Law bildet Kabinett, in dem Lord Curzon Außenminister bleibt. – Im Dezember Unterhauswahlen: politische Epochenwende. 28.11.22 Der Oberbefehlshaber der Smyrna – Armee und fünf royalistische Minister – „Die Sechs" - werden nach militärgerichtlichen Todesurteilen wegen Schuld an der „Kleinasiatischen Katastrophe" auf den Rat Venizelos und die Intervention des britischen Botschafters hin in allerletzter Minute zu lebenslanger Haft begnadigt (Freilassung durch zurückgekehrten König Georg II dreizehn Jahre später). 1.12.22 Die türkische Nationalversammlung hebt das Sultanat – Anlaß ist die Einladung einer Delegation des Sultans zum Friedenskongreß nach Venedig - auf. Mehmet VI. bittet darauf um die Evakuierung aus Konstantinopel. Die Briten decken ihn gegen nationalistische Attentate, behalten ihn aber als eventuelles Druckmittel gegen das Ankara – Regime. 20.12.22 Eröffnung der Orientkonferenz in Venedig durch den neuen italienischen Ministerpräsidenten Mussolini. Teilnehmer: Italien, Großbritannien, Australien, Neuseeland, Griechenland, Türkei, Frankreich, Bulgarien, SHS – Staat, Japan, eingeschränkt: Sowjetrußland. Venizelos vertritt Griechenland. Direktive Kemal Paschas an die türkische Delegation: Einzug in Konstantinopel, seine Wiedergewinnung, ist oberstes Ziel aufgrund der geostrategisch und historisch - machtsymbolisch überragenden Bedeutung der Stadt. 30.12.22 Armenien tritt als Mitglied der TSFR der Sowjetunion bei. Die armenische KP gewinnt durch die Abwehr der Türkeninvasion und die Befreiung Westarmeniens die Unterstützung der Nation, integriert sie in ihr Regime und versteht es, die Sowjetmacht und ihre Kampagnen – Konsequenz aus dem Genozid – für das nationale Ziel einer geschlossenen wehrhaften Heimstatt zu instrumentalisieren und gegen die verbliebenen Kurden und Türken zu richten. Armenier sind logisch freiwillige Kollektivbauern und überproportional und eifrig im Militär und den Sicherheitskräften des sowjetischen Staates engagiert und übernehmen den Gewaltenapparat der Teilrepublik. Losung: „Wir bauen das Neue Sozialistische Armenien!" als Gegenentwurf zum Alten zerstreuter und isolierter Siedlung, der Wehrlosigkeit und des Krämertums. Spezifikum eines nichtrussischen Sowjetpatriotismus im Dienste der Nation. 1923 Auflösung der armenischen Gemeinde in Konstantinopel, der „Polis" – der letzten in der Türkei verbliebenen, vor dem Einzug nationalistischer Verbände. - Auf Druck seiner Mitbrüder verbleibt Patriarch Zaven mit ihnen in der Stadt, die den Türken zum Trotz nicht jegliche armenische Präsenz verlieren soll. Im Zeichen des im 20. Jahrhundert triumphierenden Nationalismus vollzieht sich zwischen Armeniern und Türken eine ethnisch - territoriale Abgrenzung analog derjenigen zwischen Griechen und Türken; wenn auch differierend in Methode, Abfolge und Umfang. Die entsprechende Entflechtung und Abgrenzung zwischen Armeniern und Aseritürken wird durch die Pax Sovietica um 70 Jahre aufgeschoben. 11.1.23 König Konstantin stirbt im Exil in Palermo. 21.5.23 Beginn der Verhandlungen der Orientkonferenz in Venedig. Diametraler Gegensatz: die Griechen wollen ihre territorialen Gewinne aus Sèvres vollständig bestätigt, die Türken sie vollständig revidiert sehen. Großbritannien legt den „Curzon – Plan" vor: Tausch Ioniens gegen Ostthrakien, Beschränkung internationaler Verwaltung auf die Meerengen sowie Minderheitenrechte für Christen und Juden in Konstantinopel und Muslime in Westthrakien. Als Kompensation für den Verlust Ostthrakiens wird zugunsten der Griechen das für 1925 geplante Ionienreferendum gestrichen – das Gebiet ihnen also vorbehaltlos zugestanden. Den Griechen, in Kleinasien vernichtend geschlagen, bleibt nichts, als sich den geostrategischen Interessen Großbritanniens zu fügen. Das Projekt einer autonomen Kurdenrepublik innerhalb der Türkei östlich des Euphrats wird, wie schon das eines aramäischen Staates in der Provinz Mossul – die Rote Armee befindet sich am Van See – ad acta gelegt. - Das britische Prestige, das Prestige eines Weltreiches, erfordert es nach dem Gemetzel in Smyrna, den Schüssen von Çanakkale und der Kriegserklärung an die Türkei, die Türken zu bestrafen, Konstantinopel nicht ohne Gegenleistung freizugeben - für einen Abzug also einen Gegenabzug (aus Smyrna) zu erzwingen - und maximale türkische Forderungen zu verwerfen. - Das britische Prestige, das Prestige eines Weltreiches, erfordert es, die verbündeten Griechen nicht leer ausgehen zu lassen – zumal das Empire hier bereits in einer Systemkonkurrenz zu Sowjetrußland steht, das seine Klienten, die Armenier, befriedigte, so daß Großbritannien seine Klienten, die Griechen, mindestens nicht ganz unbefriedigt lassen kann. - Großbritannien gefällt sich in der Rolle des imperialen Schiedsrichters zwischen Türken und Griechen - und die britische Regierung und ihre Delegation stehen unter dem Druck der Massenblätter. - Gebietstausch: Die Briten wollen wegen des neuen und forcierten Machtfaktors Sowjetrußland aus geostrategischem Interesse das Vorfeld der Meerengen und Konstantinopels in türkische statt griechische Hand geben. Zudem ist es für die Briten eher eine Genugtuung und für die Türken eher eine Strafe, wenn ihnen Ionien wieder entzogen statt Ostthrakien verweigert wird. - Der Revisionismus der Türken ist mit dem erzwungenen Abzug aus Smyrna garantiert, verfügt aber über keinen Verbündeten, ausgenommen eventuell die Deutschen, die aber weit weg, aktuell ausgefallen und nicht primär am Orient interessiert sind. 22.5.23 Stanley Baldwin wird Premierminister nach dem Rücktritt Andrew Bonar Laws. Juni 23 Die türkische Delegation reist aus Venedig ab, weil Großbritannien auf der Räumung Ioniens besteht und ihre Konzessionsforderung der Beibehaltung eines Referendums in Ionien ablehnt. Lord Curzon in Venedig zum türkischen Delegationsleiter und Außenminister Ismet Pascha („Inönü"): „Sie glauben doch wohl nicht, daß wir ohne jede Gegenleistung Konstantinopel freigeben, nachdem sie auf uns geschossen haben?" In 10 Downing Street zu Premierminister Baldwin: „Die können Smy oder Stan bekommen, aber verdammt noch mal nicht beides." Die Türken verlangen keinen Verzicht auf Gebietsaustausch, weil Ostthrakien die wiedergewonnene Position in Konstantinopel absichert, die europäische Identität der zukünftigen Türkei unterstreichen soll und, so Kemal, in der Zukunft eher Ionien als Ostthrakien zurückzuerobern sei. Gewalt sei vorerst keine Option: bei einem Angriff auf Konstantinopel ließen die Briten die Griechen in die Stadt, bei einem Angriff auf Mossul agitierten sie die Kurden, die Royal Navy könne die Türkei bis ins 18. Jahrhundert zurückblockieren und jeden ihrer Häfen in Schutt und Asche legen. Die vasallierende Anlehnung an den moskowitischen Erbfeind verbiete sich. Die Griechen ziehen den Besitz Ioniens dem Ostthrakiens vor: Rettung der Reste des kleinasiatischen Griechentums, des klassischen Bodens Ioniens und der Ägäis als Binnenmeer. Juli 23 Rückkehr der türkischen Delegation nach Venedig. London hat sich vom Auszug der Türken unbeeindruckt gezeigt während Frankreich sie, an der Ruhr gebunden, in Venedig nicht wirksam unterstützen kann und Italien sie nicht unterstützen will (Briten garantieren Mussolini die griechischen „Zwölfinseln"). Die Abreise diente vornehmlich der Vorbereitung des türkischen Volkes auf den Verlust Smyrnas und der Ablenkung seines Zorns auf die Briten, - während Kemal Pascha als Vorsichtsmaßnahme gleichzeitig seine Truppen von der Waffenstillstandslinie und auch weitgehend aus Ionien abzieht, das gegen den weiteren Zustrom türkischer Siedler gesperrt wird. Juli 23 Die Athener Regierung demobilisiert die Thrakienarmee weitgehend und beruft ihren Oberbefehlshaber Pangalos ab, um einer Meuterei vorzubeugen. 7.7.23 Tataren verstümmeln das Autonomiegebiet Karabagh auf ein Drittel seiner Größe zu der Enklave Nagorny Karabagh. August 23 Paris: Die Armenische Nationaldelegation propagiert die Repatriierung von Genozidflüchtlingen aus dem Nahen Osten nach Armenien. Die Mandatsmacht Frankreich verbietet dagegen trotzt massiver Proteste annähernd 100 000 Armeniern die Remigration aus Syrien ins sowjetische Westarmenien. 10.8.23 Türkische Nationalisten nehmen am Jahrestag des Friedensvertrages von Sèvres die Tradition auf, Puppen, die ihr satanische Duo - Wilson und Lloyd George – darstellen, zu verbrennen. 24.8.23 Britanniens letzte imperiale Tat: Friedensvertrag von Venedig. Orientierung am „Curzon – Plan": Neben dem Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei (Konstantinopel mit Minderheitenrechten für Griechen, Armenier und Juden - Westthrakien mit Minderheitenrechten für Muslime ausgenommen), nach Streichung des Ionienreferendums von Sèvres, auch Gebietsaustausch: Ostthrakien für Ionien. Fixierung der türkisch - griechischen Grenze in Europa am Evros (Maritza) und der türkisch – arabischen Grenze, die kurdisches und arabisches Siedlungsgebiet durchschneidet: Der Sandschak Alexandrette, mit dem gleichnamigen Hafen, der Stadt Antakya (antike Metropole Antiochia), dem Mündungsgebiet des Orontes (Nahr el – Asi) und dem Mosesberg, dem Musa Ler, verbleibt – als Sonderdistrikt – bei Syrien. „Zwölfinseln" (Dodekanes) in italienischem Besitz bestätigt. Beschränkung internationaler Verwaltung auf die Meerengen: Türkei erhält Unabhängigkeit und Souveränität. Keine Erwähnung armenischer, kurdischer und aramäischer Angelegenheiten; Minderheitenrechte von Venedig gelten nicht für Syriani. Venizelos: „Wir haben einfach Glück gehabt, daß Türken und Engländer aufeinander geschossen haben. Nur dadurch ist Smyrna doch noch gerettet worden." Verbitterung im griechischen Volk darüber, doch nicht wieder in die Hagia Sophia einziehen zu können. In der Exklave Ionien – eine Peloponnes in Übersee – überlebt das 3000jährige kleinasiatische Griechentum. Griechenland ist damit, wie die Türkei, ein bikontinentaler Staat und liegt auf zwei Kontinenten - wenn auch nicht an fünf Meeren - mit einem Territorium in Kleinasien, das etwa so groß wie das der Türkei in Europa und die Ägäis fast ganz umschließt, die quasi zu einem griechischen Binnenmeer wird: Lesbos, Chios und Samos sind griechischen Küsten vorgelagert. Der Hermos in Kleinasien ist quasi ein griechischer Fluß. Die Ruinen von Pergamon, Elaia, Kyme, Phokaia, Erythrai, Lebedos, Kolophon und Ephesos mit dem Artemistempel sowie dem nahegelegenen Meryemana, dem Sterbehaus der Gottesmutter Maria, sowie das „Vogelparadies", liegen auf griechischem Territorium. Wie 100 Jahre zuvor die Griechen bleiben auch die Türken im Unabhängigkeitskrieg – Status und Territorium betreffend – unbefriedigt. Die Türkei muß die territorialen Bestimmungen aus den Pariser Vororten im Wesentlichen anerkennen und wird vorwiegend auf türkisches Siedlungsgebiet begrenzt. Territoriale Einbußen nach dem Weltkrieg bleiben den Türken so wenig erspart wie Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien - den anderen Verlierern des Weltkrieges. Die Briten haben die Griechen gegen die Türken vor einer Katastrophe bewahrt, wie die Franzosen die Polen gegen die Russen: Türken und Russen erleiden Interventionsverluste an der westlichen Peripherie. Der türkische Nationalismus verfehlt den „Nationalpakt", weil er die Armenier und Griechen in Kleinasien nicht aufreiben kann und die territorialen Bestimmungen von Sèvres im Wesentlichen bestehen bleiben. Die Christen, zu Beginn des Weltkrieges etwa ein Fünftel der Bevölkerung Kleinasiens, erhalten fast einen analogen territorialen Anteil des Subkontinents. Kemal: „Die Schüsse von Çanakkale haben uns Izmir gekostet." Außenminister Ismet Pascha, der sich schon hängen sieht, überlebt als allzu offensichtlicher Sündenbock und ebenso fähiger und ergebener wie abhängiger Paladin und wird Ministerpräsident. Er „vererzbergert" nicht, weil das Regime seine Interpretation des Friedensvertrages kanonisiert und abweichende Deutungen unterdrückt. Um nicht in Ost wie West unbefriedigt geblieben zu sein nimmt der Kemalismus verfälschende Neuinterpretationen vor: die armenischen ebenso wie die arabischen Provinzen seien vom Nationalpakt ausgenommen, der erste Nationalistenkongreß im armenischen Erzurum (Juli 19) sei von minimaler Bedeutung gewesen - seine Resolutionen werden unterschlagen oder verkürzt. Bei den Kämpfen im Osten habe es sich um einen Privatkrieg des verfluchten Kara Bekir gehandelt. 27.8.23 Britischer Abzug auf die Küstenlinie der Internationalen Zone. Räumung Bursas. 27.8.23 Beginn der Korfu – Affäre. 31.8.23 Italienische Flotte beschießt und besetzt Korfu nach einem Ultimatum. September/Oktober 23 Türkei: Große Unzufriedenheit und Verbitterung in der Armee und im Volk über den Friedensvertrag von Venedig, das „Verfluchte Venedig", den „Raub Izmirs". Kemal Pascha, Exponent der nationalistischen Eliten, unterdrückt Widerstand – Aufstand in Bursa, Meuterei in Eskişehir - mit eiserner Faust und setzt den Friedensvertrag in der Erkenntnis durch, seine revolutionären innenpolitischen Projekte andernfalls nicht aufnehmen zu können. - Die Propaganda betont den Sieg über die Griechen, die Erkämpfung der Unabhängigkeit und die Befreiung Konstantinopels. Der Friedensvertrag wird für den populären Hausgebrauch als leider notwendiger Zwischenschritt auf dem Weg zum Nationalpakt dargestellt, der einstweilen gegen das Empire, das perfide Albion, nicht durchzusetzen sei. 27.9.23 Italiener räumen Korfu auf britischen Druck. Offenbar geplante Annexion bleibt aus. Hintergrund der Aktion auch Unzufriedenheit Italiens über Friedensvertrag von Venedig? 30.9.23 Türkische Nationalversammlung nimmt den Vertrag von Venedig mit 151 zu 99 Stimmen an, nachdem sich die geringe Hoffnung auf einen Krieg zwischen Großbritannien und Italien – Spannungen um Korfu - aufgelöst hat. Oktober 23 Die Türken besetzen, nach Landung vom Schwarzen Meer, Ostthrakien, das von den Griechen geräumt wird – während die Griechen, nach Landung aus der Ägäis, Ionien besetzen, das von den Türken geräumt wird. Der Völkerbund führt die Aufsicht über die Räumungen, um Zerstörungen und Brände einzudämmen. 1.10.23 Die Türken brennen ganz Smyrna – auch ihre Viertel – nieder. 1.10.23 Mehmet VI. wird auf britischem Kriegsschiff aus Konstantinopel evakuiert, nachdem er unaufkündbaren Waffenstillstand mit Großbritannien und Griechenland unterzeichnet hat. Nationalversammlung wählt darauf einen Vetter als Abdülmecit II. zum Kalifen. Amtseinführung ohne Zeremoniell. 13.10.23 In der Türkei erstmals „Märtyrertag" (nicht arbeitsfrei) zum Gedenken an das „Massaker von Istanbul". Der Kemalismus institutionalisiert die Misoanglie als Integrationsmittel und zur Ablenkung von der Verfehlung des Nationalpakts. 31.10.23 Türken besetzen Adrianopel, das die Griechen in Brand gesetzt haben. 9.11.23 Nach Parade der Coldstream Guards Abzug der Briten aus Konstantinopel nach 5 Jahren (am Tag des Hitler – Putsches in München). 10.11.23 Triumphalistischer Einzug Kemal Paschas in Konstantinopel. Inszenierung als Befreier der Stadt. Dreitägige „Siegesfeiern" in Konstantinopel und der Türkei. Krawalle in Athen – auch antibritisch – aus Verbitterung über den Einzug der Türken in Konstantinopel und den endgültigen Verlust der Hagia Sophia. 10.11.23 Grundsteinlegung von Nea Smyrni an der Stelle der alten zerstörten Stadt. Die Türken verlieren Smyrna nach 499 Jahren. Neu - Smyrna entwickelt sich rasch zur zweiten Metropole der Nation neben Athen - mit dem moderneren Erscheinungsbild nach der Katastrophe von 1922. Außerdem in Ionien von Bedeutung: Magnesia und Pergamos im Inneren sowie Kydonies vor Lesbos. Ionien wird rasch wieder zum Zentrum der Tabak- und Textilindustrie (Teppiche) Griechenlands. In der Hochburg des griechischen Republikanismus, der griechischen Linken, gewinnt Eleftherios Venizelos, Chefunterhändler in Venedig, Kultstatus als „Retter Ioniens". 11.11.23 Die Türkei schließt die Grenze zu Ionien, sperrt ihre Häfen gegen Schiffe aus ionischen Häfen und ihre Lufthäfen gegen Flugzeuge aus Ionien, verbietet Schiffen und Flugzeugen unter ihrer Flagge das Anlaufen ionischer Häfen/die Landung auf ionischen Lufthäfen, außerdem ihren Staatsbürgern den Aufenthalt auf ionischem Territorium. Offizielle Landkarten zeichnen Ionien als weiße oder schwarze Fläche mit der Inschrift „zur Zeit unter griechischer Besatzung" aus. Im Interesse des Ökumenischen Patriarchats, der griechischen Gemeinde in Konstantinopel, der griechischen Schiffahrt verzichtet Griechenland auf die Schließung der Grenze zur Türkei in Europa (die über Bulgarien immer noch offen wäre), eine Gegenblockade Türkisch – Thrakiens und/oder die Verweigerung diplomatischer Beziehungen. 17.11.23 Die Nationalversammlung bestimmt Ankara zur Hauptstadt, proklamiert die Türkische Republik und wählt Kemal Pascha zu ihrem ersten Präsidenten.
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